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[ DOKUMENTE UND ZEUGNISSE ]

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Sigismund Rahmer, Heinrich von Kleist als Mensch und Dichter. Nach neuen Quellenforschungen (Berlin: Reimer 1909), 309-316

Ergänzungen und Berichtigungen zu den Kommentaren von Kleists Werken. Prinz Friedrich von Homburg


g) Prinz Friedrich von Homburg.
Die schweren und langjährigen Kämpfe, die sich an die Aufführung des „Prinz Friedrich v. Homburg“ knüpften, die wechselvollen Schicksale des Stückes auf der Bühne habe ich bereits vor mehreren Jahren im Zusammenhange geschildert\1\. Ich bin in der Lage, meine Ausführungen von damals wesentlich zu ergänzen und dabei manche Irrtümer, die sich bis heut erhalten haben, zu widerlegen. Des verwaisten Stückes hatten sich drei Pflegeväter mit liebevoller Sorgfalt und großer Tatkraft angenommen, die ziemlich gleichzeitig an verschiedenen Stellen für die Aufführung des Stückes kämpften: Tieck in Dresden, Boettiger in Wien, Ludwig Robert in Berlin. Ihre zahlreichen Beiträge in der Presse geben ein deutliches Bild von dem heftigen Widerstande, der der Bühnenaufführung entgegengesetzt wurde.
Tiecks Wirksamkeit für das Stück ist am besten bekannt. Zwei Aufsätze in seinen dramatischen Blättern beziehen sich auf die Dresdener Aufführung, die am 6. Dezember 1821 stattfand. Der erste Aufsatz verfolgt den Zweck, das Publikum über die Tendenz des Stückes aufzuklären, der zweite berichtet in einem Briefe an einen Freund in Berlin über den Verlauf der Aufführung und die Aufnahme von seiten des Publikums. Die beiden Aufsätze erschienen zunächst in der „Dresdener Abendzeitung“ (Nr. 288 und 303 vom 1. und 19. Dezember 1821). Der Abdruck in den <310:> dramaturgischen Blättern ist kein vollständiger; in der Abendzeitung heißt es dort, wo der Abdruck schließt, weiter: „Eine treffliche Ouvertüre, sowie bedeutende Musikstücke in den Zwischenakten und am Schluß, von einem genialen jungen Kompositeur, Herrn Marschner\1\, verherrlichen die Darstellung, und alles in allem genommen, so möchte ich fast zweifeln, ob eine andere Bühne dieses Gedicht so korrekt, eingreifend und völlig genügend wird darstellen können. Mit dankendem Erkennen der Verdienste des Herrn von Könneritz (Direktor des Dresdener Hoftheaters), seiner Liberalität, dem genialen Überblick, der gebildeten Einsicht, schließe ich diesen meinen Brief, und füge nur noch die Hoffnung, ja Überzeugung hinzu, daß durch ihn die hiesige Bühne immer mehr gewinnen wird. Wie viel auf andere Darstellungen von einer solchen, durch Anstrengung völlig gelungenen übergehen muß, wird sich bald und deutlich zeigen. Vielleicht nächstens die Fortsetzung des heutigen Thema.“ Mir scheint dieser Schlußpassus besonders den Zweck des Aufsatzes, in Berlin für das Stück Propaganda zu machen, auszudrücken.
Wie Tieck in Berlin, so suchte Boettiger von Dresden aus in Wien für das Stück Stimmung zu machen. Ein Brief Boettigers in der Wiener Zeitschrift (Dezember 1821) veröffentlicht, gibt einen eingehenden Bericht über die Dresdener Aufführung. Die Redaktion der Zeitschrift hatte auch Tiecks Aufsatz aus der Abendzeitung abgedruckt und gibt dazu in einer Fußnote zu Boettigers Aufsatz die folgende Erklärung:

Es ist bemerkenswert, daß sich neuerdings ein geschätzter Kunstrichter hier zu Gunsten dieses deutschen Meisterwerkes dramatischer Dichtung ausgesprochen hat. Kurz vorher unternahm es auch der zu Dresden lebende Dichter Tieck, das dortige Publikum vor der Darstellung des genannten Schauspiels auf einen richtigen Standpunkt zur Beurtheilung desselben zu erheben und den streitigen Hauptpunkt, der unter uns so vieles zur Verkennung beigetragen hat, und Einigen, die sich gegen Gründe und Berichtigungen eigensinnig <311:> auflehnen, noch immer ein Anstoß ist, näher zu beleuchten. Wir hoffen, das Vergnügen unserer Leser zu erhöhen, indem wir dieser interessanten schriftlichen Mittheilung den zweyten, aus der Abendzeitung entlehnten, Aufsatz beyfügen.
D. Red.

Boettigers Aufsatz hat den folgenden Wortlaut:
Kleists Homburg – In Wien die Schlacht von Fehrbellin – ist gestern zum ersten Mahl über unser Bühne gegangen. Alle, die für die seltene Tiefe und Vollendung dieses Meisterwerks Sinn und Überzeugung hatten, daß nur verfliehender Alltagssinn das Dämonische des Stückes zur Plattheit herabziehen und als Fehler belachen können, was Lebensprinzip und Bedingung des Gelingens ist, waren im voraus überzeugt, dieß Stück müsse, so einstudiert und dargestellt, wie wir es von unserm trefflichen Bühnenpersonal zu erwarten berechtigt waren, eine außerordentliche Wirkung hervorbringen. Darum hielt es der unter uns lebende Pflegevater dieses, durch einen tragischen Tod seines eigentlichen Vaters nur zu früh zur Waise gewordenen Dramas, L. Tieck, für gerathen, zwey Tage vor der Aufführung einige Winke über die wahre Tendenz und Dichterverherrlichung des Stückes in unserer vielgelesenen Abendzeitung mitzutheilen. Denn an allerley Geflister und Geschrey fehlte es doch auch hier nicht, obgleich unser Offizierskorps, welches zu den wahrhaft gebildeten gehört, sich früher schon dahin erklärt hatte, man müsse erst sehen, bis zu Ende sehen, und dann das Urtheil abgeben. Unser neuer Direktor, geh. Rath von Könneritz, ließ sich durch keinen Zweifel irren, trug die ganze Gestaltung und Aufführung dem Schauspieler auf, der, da er selbst die Rolle des Prinzen Arthur freywillig übernahm, für das Gelingen desselben das lebendigste Interesse, zugleich aber auch die tiefste Empfänglichkeit für die dichterischen Schönheiten dieser mit der Prosa des Alltagslebens so hart kontrastirenden genialen Schöpfung unter allen seinen Mitschauspielern das volleste Vertrauen hatte, unserm wackern Julius. Er, der einst selbst mit Ehre Militär gewesen und aller Punkte, die hier die zartesten sind, kundig war, erklärte laut, das Stück müsse gelingen, wenn nur bey der Aufführung ein vorurtheilsfreyes Publikum zu gewinnen und die tölpische Plumpheit gleich anfangs anzugreifen verhindert sei. Tieck, der erste Vorleser dramatischer Dichtungen, den jetzt Deutschland hat, las in einem Abendzirkel, den der Direktor in seinem Hause veranstaltete, den damit betheilten Schauspielern und Schauspielerinnen das Stück in seiner vollen Kraft und Herrlichkeit vor. vier Proben, deren letztere Tieck selbst mit Aufmerksamkeit beywohnte, vollendeten die Einübung. Julius hatte mit seltener Beharrlichkeit alles, die aus jener Zeit wohlbekannten schön kleidsamen Kostums, die Bühnen-Topographie auf welche dabey so viel ankommt, die Stellung bey dem Tagesbefehl, in der Schlacht, im Garten von Fehrbellin usw. meisterhaft geordnet. Marschner, ein talentvoller junger Kompositeur, der einige Zeit in Pesth in Ungarn thätig <312:> gewesen ist, hatte die einfallende Kriegsmusik, sowie die Ouverture und Zwischenakte komponirt.
Das Resultat entsprach der Erwartung vollkommen. Nur im ersten Akt, bey der Ertheilung des Tagesbefehls, ließ sich einige Mahl eine Neigung zum Lachen verspüren, die ungünstig war. Aber schon mit dem Monolog, womit der erste Akt schließt, hat Julius den Process gewonnen. Man begriff, wartete und erwärmte sich an der innern Gluth. Bald wurde die Begeistrung allgemein. Als die meisterhaft motivirte Zurückkehr zur nüchternen Besonnenheit und durch das herrliche Zuspielen unserer gefühlvollen Natalie (Schirmer), die in der schwierigen Scene im vierten Akt den Kampf zwischen Befangenheit in weiblicher, reicher Hinneigung und heroischem Frauen- und Fürsten-Sinn mit ergreifender Wahrheit und Schönheit spielte, die in sinnlichem Irrwahne herabgestürzte Heldenseele des Prinzen zu ihrem vollen Flügelschlag sich wieder emporhob, da stieg die Begeisterung des Publikums mit jeder neuen Rede; losgefesselter Beyfall, wie er bey unserm sonst so kalten Publikum eine wahre Seltenheit, schallte oft dazwischen; die herrliche Scene zu Anfang des fünften Aktes, wo der große Churfürst, von unserm Helwig mit Kraft und Gemüthlichkeit gestaltet, erst den Kötteritz – den der für dieß Rollenfach einzige Werdy so vortrefflich gab, daß rauschender Beyfall einige Mahl ihn fortzusprechen hinderte – dann den Hohenzoller so herrlich abweist und die unvergleichliche Stelle über Gehorsam gegen Gesetz und Vaterland ausspricht, um welcher willen allein schon das Stück auf keiner deutschen Bühne fehlen dürfte, entzündeten die Flämmchen in der Brust der Anwesenden zu Flammen und als unter Kriegsjubel und Feldmusik der Vorhang niederrauschte, da wurde Julius, der in mehrfachem Sinne siegreiche Held des Tages, Unisono herausgerufen. Der bisnun fälschlich angefochtene Holbohn macht am Schluß, wo der überwältigende Freudentaumel nach solchen Kämpfen bey solcher Überreizung durchaus nur diese Wirkung hervorbringen kann, ein vollendetes Seelengemählde vor unsern Augen. Der hohe Meisterschaft gestaltende Künstler trat mit unerkünstelter Bescheidenheit hervor und dankte bloß als Organ seiner Mitspieler, die für ihre Anstrengung wohl eine freudige Anerkennung verdient hätten. Neuer Jubel, neues Bravorufen. So feyerte hier in Dresden ein sächsisches Publikum, der Genialität des Dichters und der Kunst der Schauspieler gleich willig huldigend und sich über alle engherzigen Rücksichten erhebend, ja den Schlußvers: „in Staub mit allen Feinden des Vaterlandes,“ stürmisch beklatschend, die gewissenhafte Belebung eines Drama, das recht verstanden und zur sinnlichen Beschauung gebracht, trotz einiger befremdenden Wagnisse und Schroffheit im Ausdruck, als barer Gewinn für unsere jetzt so verarmten deutschen Bühnen sehr hochgehalten werden muß, und so errang auch hier begeisternde Dichterkraft einen vollen Sieg über die platte Gemeinheit und krönte einen Dichter, dessen Scheitel im Leben nur Dornenkronen geritzt hatten. <313:>
Über das Einzelne des Spiels wird in hiesigen Blättern zur Genüge gesagt werden. Hier nur so viel. Julius mahlte den Moment, wo er durch die Unterredung mit Hohenzollern im Gefängniß auf einmahl von der keckesten Sicherheit in die erschütterndste Überzeugung des tödtenden Ernstes herabgeworfen wird, so ergreifend wahr, daß jeder Zuschauer eben darum, weil die Endpunkte sich überall berühren, seinen Sturz in den Abgrund der Muthlosigkeit zu begreifen anfing; er sprach ferner, als er vor dem Churfürsten kniet, die schmählige Entwürdigung seines Innern durch den rein animalischen Lebenstrieb, in so gewaltiger Hast, in so feurig beschwingter Angst aus, daß man durchaus nur das Mitleid, welches seine, von der Schirmer hier so ergreifend dargestellte Geliebte ihm zollt, theilen, nicht aber Verachtung empfinden konnte und schon hier dachte, was Natalie später zum Churfürsten ausspricht: „Ach, welch ein Heldenherz wird hier zerknickt! Auch griff die Churfürstin, von Madame Werdy würde dargestellt, sehr brav ein. Denn und das half allerdings auch den Sieg über Jeden hier und den lauschenden Tadel gewinnen, allen Rollen, auch der kleinsten, geschah ihr volles Recht. Es war alles bedacht, alles in harmonischem Einklang. So sprach unser wackerer Pauli als Graf von Sparr die so kräftig aufregende Erzählung von Froben’s Heldentod mit einer hinreißenden Wahrheit und erhielt, wie billig, rauschenden Beyfall. So wurde Dörfling von unserm durch Körperkraft trefflich unterstützten Baumeister auch untadelhaft gestaltet. Und alles hatte sich in schöner Eintracht bey der Probe das Wort gegeben, gemeinschaftlich das Höchste zu erstreben. Auch ist es wohl zu rühmen, daß bey unserm Bühnenvereine, wo ein glücklicher Zufall vier Künstler zusammenführt, die alle auf verschiedenen Bühnen schon Regisseurs gewesen sind, keine kleinliche Kabale je aufkommen kann, daß jeder dem andern sich völlig unterordnet, daß jeder das Ganze, nicht sich selbst, im Auge hat. Es waren im Stück, wie es gedruckt zu lesen ist, nur drey Verse weggeblieben und alles ungeändert und ungestrichen beybehalten worden und dennoch spielte es nur 2¼ Stunde, wovon zehn Minuten auf die Ouverture kamen. Allein es sind auch im Ganzen nicht 50 Verse bloß deklamirt worden. Diesem in falsche Schmink- und Toilettenkünste ausartenden, alle Wahrheit tödtenden Deklamations-Unheil, welches durch unsere Tragöden jetzt als Tollwurzel erwachsen, als Pilsenkraut aufgeschossen ist, muß der Hals gebrochen werden, oder wir haben bald gar keine tragischen Bühnen mehr.
Böttiger.

Die Bemühungen in Wien hatten einen zweifelhaften Erfolg. Das Stück wurde zwar, viel früher als in Berlin, aufgeführt, aber sehr bald wieder aus bekannten Gründen abgesetzt. Eine sehr mißgünstige Korrespondenznachricht aus <314:> Wien bringt das Journal f. Lit. K., L. u. Mode 1823 (Nr. 11, S. 911):

Aus Wien: Mit vielem und großem Vergnügen las ich, daß Prinz Homburg bei Ihnen doch auch nicht gefiel; welches hier so durchfiel wie kein Stück sei Jahren. Aber die Angst vor Tieck hielt die Herren Skribler ab, es so in die Welt zu schicken, wie es sich zutrug. Sie gingen so weit, uns alle für dumm zu erklären, die das Stück nicht als höchst poetisch rühmten. – – –

Es macht den Eindruck, als ob eine planmäßige Hetze die schlechte Aufnahme des Stückes in Wien verschuldet hätte. Dafür sprechen die folgenden Äußerungen Schreyvogels (l. c.)
3. Oktober 1821: „Kleists Friedrich von Homburg, der heute unter dem Titel: die Schlacht bei Fehrbellin gegeben wurde, ist gänzlich (unter Lachen und Zischen) durchgefallen. Die Gemeinheit herrscht im Theater, wie überall.“
4. Oktober: „Heute war die Vorstellung bei fast vollem Hause ruhig und wurde am Schlusse applaudirt.“
Anmerkung: Die Wiener Blätter vermeiden es zwar, von der üblen Aufnahme von Kleists Friedrich von Homburg zu sprechen, lassen aber immerhin durchblicken, daß das Stück wenig Beifall gefunden. Costenoble tadelt in seinem Tagebuche (I. 145) das unwürdige Benehmen des Wiener Theaterpublikums.
Das Stück hat in Wien niemals rechte Anerkennung gefunden. Es ist unter dem Titel „Schlacht von Fehrbellin“ unter Schreyvogel vom 3. bis 28. Oktober 1821 nur 5 mal, als „Prinz Friedrich von Homburg“ unter Laube in dem langen Zeitraum vom 15. Oktober 1860 bis 21. August 1865 nur 9 mal in Szene gegangen, unter Dingelstedt vom 18. bis 22. Oktober 1876: 3 mal; im neuen Hause unter Schlenther vom 1. Dezember 1899 bis 22. Juni 1907: 22 mal. Die Titelrolle kreierte Max Korn, 1860 spielte sie Jos. Wagner, 1876 Sonnenthal, 1899 Kainz; auch heute noch hat der Prinz, wie ein maßgebender Kritiker sich ausdrückte, für das Wiener Publikum etwas Unnahbares. <315:>
Die größten Schwierigkeiten hatte offenbar die Aufführung des Stückes in Berlin zu überwinden. Bald nach der Dresdener Aufführung hatte Tieck versucht, in Berlin den Boden vorzubereiten; seine Bemühungen nach dieser Richtung hat dann Ludwig Robert, wie ich zeigen werde, energisch aufgenommen. Das lebhafte Für und Wider spiegelt sich wieder in Heines Berliner Briefen aus dieser Zeit. Schon im Januar 1822, also wenige Wochen nach der Dresdener Aufführung, war das Schicksal des Stückes besiegelt, denn Heine schreibt: „Heinrich v. Kleists „Prinz von Homburg“ wird nicht gegeben werden.“ Einige Zeit später schreibt er im verhaltenen Groll die erbitterten Worte: „Es ist jetzt bestimmt, daß das Kleist’sche Schauspiel: der Prinz von Homburg oder die Schlacht bei Fehrbellin nicht auf unserer Bühne erscheinen wird, und zwar, wie ich höre, weil eine edle Dame glaubt, daß ihr Ahnherr in einer unedlen Gestalt erscheine. Dieses Stück ist noch immer ein Erisapfel in unsern ästhetischen Gesellschaften. Was mich betrifft, so stimme ich dafür, daß es gleichsam vom Genius der Poesie selbst geschrieben ist, und daß es mehr Wert hat, als all’ jene Farcen und Spektakelstücke und Houwald’schen Rühreier, die man uns täglich auftischt.“ Auch noch in seinem Buch „Le Grand“ verteidigt Heine den damals noch wenig bekannten Kleist gegen alle diejenigen, welche den „Prinzen von Homburg“ angegriffen hatten, mit den folgenden energischen Worten: „Mögen Berlinische Gardeleutnants immerhin spötteln und es Feigheit nennen, daß der Prinz von Homburg zurückschreckt, wenn er sein offenes Grab erblickt – Heinrich von Kleist hatte dennoch eben so viel Courage, wie seine hochbrüstigen, wohleingeschnürten Collegen, und er hat es leider bewiesen.“
Es geht aus Heines Angaben hervor, daß der erste Versuch, der von Tieck im Dezember 1821 ausging, einen negativen Erfolg hatte, daß die Aufführung des Stückes entschieden verweigert wurde. Gegen Ende des Jahres 1822 versuchte von neuem Ludwig Robert das Interesse für das Stück wach- <316:> zurufen. Am 20. Januar 1822 schreibt Robert an Tieck: „– – so habe ich vorgestern eine Abhandlung über den Pr. v. Homburg dem Morgenblatt geschickt, die achtzehn, eng wie diese, geschriebene Seiten zählt. Das hiesige Theater ist darin tüchtig mitgenommen, und die dummen Ungründe dagegen zu Schanden gemacht; auch die Kabale in Dresden erwähnt das Ganze, aber in dem ?-Artikel, so daß Dresden nicht genannt wird, wohl aber Berlin.“ – Die hier erwähnte Besprechung gebe ich wortgetreu wieder. Sie ist sehr weitschweifig und enthält für uns nichts Wissenswertes. Aber nur durch die ungekürzte Wiedergabe wird es möglich sein, gewisse falsche Darstellungen und gegen Robert gerichtete Vorwürfe, auf die ich noch zurückkomme, zu widerlegen resp. auf das richtige Maß zurückzuführen. Man muß zugeben, daß dieser umfangreiche, in mehreren Fortsetzungen im Morgenblatt veröffentlichte Aufsatz mit vollem Enthusiasmus für das Drama und seine Aufführung eintritt, und daß gerade die Todesszene in den Mittelpunkt der Besprechung gerückt und alle Einwendungen gegen sie in volkstümlicher Darstellung so erschöpfend als nur möglich widerlegt werden.

\1\ National-Zeitung 1905 Nr. 308 (Freitag, d. 19. Mai): Kleists Schauspiel „Prinz Friedrich von Homburg“ auf der Bühne.
\1\ Marschners Musik zum Prinzen ist als Op. 57 bei Breitkopf u. Härtel erschienen.

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Letzte Aktualisierung 22-Jan-2003
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