<Friedrich Baron
de la Motte Fouqué (Pelegrin)>, Othars Brautwerbung,
47-55; darin: Der Gang in’s Gebürge, 51f.
Der
Gang in’s Gebürge.
Auf den Wiesen spielt
Syritha,
Schöne Blume, mild sich beugend
Zu den andern kleinen Blumen,
Windet Kränze mit der theuern,
Der vertraulichen Gefährtinn,
Die auf Meeres wilden Schäumen
Erst vor wenig Tagen herschwamm,
Reich an Künsten und an neuen
Spielen, daß Syritha ihrer
Vor den Andern sich erfreute.
Nun in seinen hellsten Schimmern
Abendroth die Wolken säumte,
Fing Syritha dieses Lied an,
Froh der Blumen, Gräser, Bäume:
Gold,
in Gold und Blau gewoben,
Grün
und Gold in grünen Flammen
Spielt
auf klarem Himmelsgrunde,
Spielt
auf lebensfrischen Matten;
Und
die Knospen, und die Blätter
In
den Gärten, aus dem Walde,
Schau’n
herauf und schau’n herunter,
Holen
Licht und geben Schatten.
Das
sind meine besten Spiele,
Diese
sucht mein sorglos Wandeln,
Die
besing’ ich, denen öffn’ ich
Nur
allein des Auges Strahlen.
Frühling
ist mein Allerliebster,
Wenn
er in des Thales Armen
Liebeslicht
entfaltet.
Viel im andern Ton beginnend,
Stimm und Auge kühn befeuernd,
Sang entgegen die Gespielinn,
Nicht des Liedes Wettlauf scheuend!
O
Ihr Berge, o Ihr Klippen,
Die
ich kühnlich einst durchzog!
Ihr
Genossen rein’rer Lüfte,
Ihr
in Himmelsnähe stolz!
Will
von Farbe jetzt und Schönheit,
Will
von Bläue nun und Gold,
Will
von Wolken auch die Ebne
Prahlen,
Euch zum frechen Hohn?
Wie
Ihr aus der Fern’ herüber
Feierlich
und mahnend droht,
In
dem alten Prachtgewande,
Das
die Schultern Euch umzog,
Seit
der ersten Fluthen Zürnen
Machtlos
an Euch niederfloß!
Zeigt
uns, Berge, zeigt uns, Klippen,
Rechte
Farb’ und rechtes Gold!
Hebt
uns auf zu Euern Gipfeln,
Hebt
uns auf im Abendroth.
Königstochter,
tritt den Lauf an,
Mit
mir nach dem höchsten Thron
Des
Gebürgs empor!
Schüchtern sagte drauf Syritha:
„Laß es in den Bergen leuchten
So von Gold aus tiefen KIüften,
Als von naher Wolkenbläue,
Nimmer wag’ ich da hinein mich,
Denn den Riesen muß ich scheuen,
Den verschmähten argen Brautmann,
Das ergrimmte Ungeheuer.“
„Komm nur, lachte die Gespielinn,
Komm nur ’mal aus deinen Zäunen,
Deinen Zimmern, deinen Gärtchen,
Und dein Grausen wird zur Freude,
Sollte Ries’ uns ja begegnen,
Will ich bald ihn von uns scheuchen,
Denn ich weiß der Sprüch’ und Lieder,
Denen Sterne selbst sich beugen.“ —
Weit hinaus, hinaus in’s Freie,
Weit in Abends spätem Leuchten
Ziehn die Mädchen nun selbander,
Wandeln schon durch dichtrer Bäume
Dunkel, schon auf engern Pfaden,
Schon in höhern Grases Feuchte.
Königstochter, schöner Wandrer,
Hörst die Waldgewässer schäumen?
Was so spät noch in’s Gebürge?
Ferne sind der Ebne Häuser. —
Zur Gefährtinn spricht Syritha:
„Laß nun ab von all’ den Träumen,
Die als Mährchen du mir vorsagst.
Laß doch ab. Ich muß mich scheuen.“ <52:>
„Ho! das Beste wird noch kommen,
Tönt’s zurück, die rechte Freude,
Von den Zwergen in den Klüften,
Und von Grundes tiefen Feuern.“
„Nein, laß ab, laß ab. Ich zittre.
Sag’, was will das dumpfe Heulen?“
„Sind die Wölfe, sind die Uhre,
Ängstlich schon vor meinem Dräuen,
Denn die schnellsten fang’ im Lauf ich,
Treff die Stärksten mit den Fäusten,
Bring’ sie dir zum reichen Mahle,
Feuer kocht’s in tiefen Räumen.“
„Weh’ mir, weh’! Du bist verwandelt!
Gräßlich deiner Augen Leuchten,
Furchtbar deiner Stimme Donnern,
Weh’ Gespielinn, einst mir theure!“
„Bin der Ries’ und bin die Jungfrau,
Fing dich ein durch lust’ges Täuschen.
Ho! Du schließ’st die Strahlenaugen?
Hilft nun nichts. Bist doch mein Bräutchen.
Ho! Wohlauf! Liegst gar in Ohnmacht?
Käm’ wohl noch ein läst’ger Zeuge.
Gut. Ich fass’ dein goldnes Haupthaar,
Trag’ dich hoch ob Fels und Bäumen,
Trag’ dich tief in meine Herrschaft,
Jauchzend, ein beglückter Räuber.
Immer fort an goldnen Locken,
Du noch mehr als goldne Beute!
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