Wulf
Segebrecht, Ludwig Tieck an Eduard von Bülow, in: Jb. des Freien Deutschen
Hochstifts 1966 (Tübingen: Niemeyer 1966), 384-456; darin: 411f.
Ludwig Tieck an Eduard v. Bülow, Berlin, 15. 6. 1846
Theuerster Freund,
Nur wenige eilige Worte, damit
Sie dies Blatt bald empfangen.
Ich freue mich Ihrer Rückkehr
und Ihres Wohlseins. Danke herzlichst für das schöne Geschenk der Sp.[anischen] Bücher,
die mir eine grosse Freude gemacht haben. Von den 12 Stücken im Bde. des Lope
waren mir 9. ganz neu! Schade, daß der Titel fehlt, aber die Ausg.[abe] ist gewiß eine
alte. Die andern 12 St.[ücke] besitze ich schon, aber diese Ausg.[abe] <412:> ist
besser konservirt, und mir darum lieb. Das einzelne St.[ück] von den Figuras habe
ich auch schon; aber sehr lieb ist mir die alte Ausg.[abe] des Isidro von Lope,
die ich zwar in einer andern Ausg.[abe] der Obras sueltas besitze, aber so ein
alter Originaldruck ist sehr erwünscht. Erfreulich ist die geistl.[iche] Nachahmung der Diana:
u in der Vorrede erzählt der poetische Mönch, daß der den Montenegor gekannt,
und er durch einen Nebenbuhler gestorben sei, was mir ganz neu war.
Der Novalis ist ganz
vollendet, schicken Sie darum eiligst was Sie noch wollen gedruckt haben. Die
dramat.[urgischen] Blätter habe ich dem H.[errn] Veit nicht gegeben, ich war sehr
krank, als er zu mir kam, und ich hätte durchaus nicht das Nöthige arbeiten und
hinzufügen können.
Haben Sie Ihre Arbeit über Kleist
ganz fertig?
Den Angriff v.[on] Hofmeister
kenne ich nicht. Mögen Sie etwas darauf antworten?
Senden Sie mir ja, was Sie von
der Reise und überhaupt haben drucken lassen. Kennt denn Manzoni etwas von
mir? Dann freut mich sein Gruß um so mehr.
Verstehe ich Sie recht, so
wollen Sie noch einmal zu uns kommen, bevor Sie nach Stuttg.[art] gehn. Ich bin bis
zum 20 vielleicht 24 des Juni hier in B.[erlin] nachher in Potsdam. Freilich
hätten wir manches zu sprechen u zu bereden, es ist fast Nothwendigkeit, daß wir uns
noch einmal sehn.
Weder die Briefsammlung noch
die Vorschule sind gedruckt. Ich hoffe nun in Potsd.[am] alles fertig zu machen,
denn es liegt fast ganz vollendet da. Humbold denkt Ihrer immer mit grosser Liebe.
Die Gräfinn grüßt mit mir
Sie und Ihre liebe Frau herzlichst. Ich hoffe also, Sie recht bald zu sehn, mein geliebter
Freund. Sie fehlen mir in allen Stunden, zur Ermunterung, zu Geschäften und in meiner
Liebe.
Ihr treuer Freund,
L. Tieck
B. den 15 Junius.
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