Karl
v. Holtei (Hrsg.), Briefe an Ludwig Tieck, 4 Bde. (Breslau: Trewendt 1864), Bd.
1, 105f.
Clemens Brentano an Ludwig Tieck, Berlin, 1816
(Ohne Datum.)
Sehr verehrungswürdiger Freund!
Herr Förster, ein junger Gelehrter aus Altenburg, der die Preußischen Feldzüge
mitgemacht und blessirt, jezt hier Lehrer bei einer Militairschule ist, hat mich gebeten,
ihm einige Zeilen an Sie einzulegen. Dieser junge Mann ist recht wacker und bescheiden. Er
bath mich um meinen Rath bei einem Taschenbuch auf 1817, dessen Herausgabe die Maurersche
Buchhandlung ihm anvertraut. Ich habe ihn aufgefordert, Sie um einige Beiträge zu
ersuchen, und ihm mein Vorwort versprochen. Sie können das Honorar selbst bestimmen.
Jeder kleine Aufsatz, selbst ein kleines Schauspiel, oder ein Bruchstück ihrer Arbeit
über Schakespeare, etwa ein Akt ihres Donauweibchens, oder was sie sonst haben, wäre
interessant und würde seinen Dank verdienen. Wollen Sie vielleicht über Theater
sprechen? das können Sie so herrlich. F. von Kleist hat ihnen die kleistischen
Papiere übermacht, daraus ließe sich vielleicht, um das Publikum aufmerksam zu machen
schon etwas mittheilen. Kurz, sein sie gütig, geben Sie, was Sie haben, und wollen; ich
habe nie in einen Almanach geschrieben, <106:> weil die Herausgeber meist sehr
hofärtig waren. Dieser gute junge Mann ist aber bescheiden und läßt sich rathen. Auch
Herrn von Schütz, sprechen Sie um einige kleine Beiträge an und eröffnen Sie ihm
dieselben Bedingungen. Haben Sie sonst etwas von lebenden oder verstorbenen Freunden so
theilen Sie es gütig mit. Fouqué grassirt hier gewaltig bei dem Unverstand, er ist viel
besser, als seine Leser, die ganz hölzern sind. Er hat ein großes Glück in seiner
Theater-Unschuld, und versäumt keiner Vorstellung mit vollkommener Befriedigung
beizuwohnen. Man spricht immer noch stark von einem zweiten Theater unter Fouqués
Leitung. Bei welchem Fund ein blindes Huhn kein Gerstenkorn gefunden. Meine Wuht gegen das
Schauspiel wird täglich größer. Sie liegen so nah, wer Sie verstände wüßte Sie
gewiß so in Thätigkeit zu setzen, daß Sie gar nicht gehindert wären, der Gicht
abzuwarten. Ich hatte dem alten Waagen eine herliche Gelegenheit gefunden, seine Bilder
hier aufzustellen und zu verkaufen, als ich mir die Finger stumpf geschrieben und Alles in
Ordnung glaubte, gab er auf einmahl Alles auf. Ich wünsche nicht, daß es der Schaden der
Kinder sei. Wir grüssen Sie alle herzlich, (Lücke im Briefe, durch ein weggerissenes
Stückchen Papier) Albertis und Mutter, und die Meinigen. Meinen Herzlichen Gruß an den
liebenswürdigen H. von Schütz, er war recht freundlich gegen mich und ich habe ihn sehr
lieb gewonnen. Empfehlen Sie mich den Ihrigen, mit vollkommener Verehrung
ihr ergebener
Clemens Brentano.
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