Theophil Zolling (Hrsg.), Heinrich von Kleists sämtliche Werke. Erster Teil.
Gedichte. Familie Schroffenstein. Familie Ghonorez (Berlin, Stuttgart: Spemann [1885])
(Deutsche National-Litteratur, 149. Band), Anhang, CXXXVf.
Alimentations-Kontrakt für Julie Kuntze und Christian Gottfried Körner
1. Alimentations-Contract Julie Kuntze und Dr. Chr. G. Körner
betreffend. \1\
Zu wissen sey hiermit, daß zwischen dem Hrn. Banquier Christoph Heinrich Ploss
zu Leipzig, als Vormund der minderjährigen Demoiselle Emma Juliane Kuntze
daselbst an einem, und dem Herrn Appellations-Rath Dr. Johann Gottfried Körner\2\ zu Dresden, am andern Theile,
untengesetzten Tages, nachfolgender Alimentations-Contract verabhandelt u.
volzogen worden ist.
1) Es übergiebt der Hr.
Banquier Ploss, seine Pflegebefohlene Demoiselle Emma Juliane Kuntze dem
Hrn. Appellations-Rath Dr. Körner zur Erhaltung und Aufsicht, dem Wunsche
des verstorbenen Herrn Kuntze gemäs von dato an, auf unbestimmte Zeit dergestalt
und also, daß es der Demoiselle Kuntze erlaubt ist, bis zu ihrer Mündigkeit
oder Verheirathung und so lange es ihm, dem Herrn Vormunde gefällt, den Aufenthalt in des
Herrn Appellations-Rath Dr. Körners, Familie, fortzusetzen.
2) Von Seiten des Hrn.
Appellations-Raths Dr. Körners, kann nur sein oder seiner Ehegattin
Todt hierinnen eine Aenderung machen, im maaßen in einem dieser beiden Fälle der
gegenwärtige Alimentations Kontrackt sofort für aufgehoben geachtet werden
soll.
3) Kann der Herr Appellations
Rath Dr. Körner seine gegen den verstorbenen Herrn Kuntze als seinen
redlichen Freund, hierunter übernommenen Verbindlichkeit nur durch den Herrn Ploss,
als Vormund der unmündigen Demoiselle Kuntze, entlassen werden. Sobald dieser
für seine Pflegbefohlene einen anderen Aufenthalt vorziehet und erwählt, so stehe der Demoiselle
Kuntze frei, das Haus des Herrn Appellations-Raths Dr. Körners
alsbald zu verlassen, und dieser Kontrackt ist ohne alle Umstände für erloschen zu
achten. <CXXXVI:>
4) Bei eintretender
Mündigkeit der Demoiselle Kuntze endigt sich dieser Kontrackt von selbst und
beide Theile sind sodann von selbst aller ferneren Verbindlichkeit entlassen. Soll aber
das vorherige Verhältniß fortgesetzt werden; So hat alsdann die Demoiselle
Kuntze eine neue Verabredung mit dem Herrn Appellations Rath Dr. Körner
zutreffen.
5) So lange die Demoiselle
Kuntze sich bei dem Herrn Appellations-Rath Dr. Körner aufhält, will der
Herr Vormund an denselben alljährlich Zweihundert Fünf und Vierzig Thaler, u.
zwar
180 Rthl. für Mittag-
u. Abendessen, mit Wein nebst Frühstück u. Kaffee Nachmittags,
30 Rthl. für Stube u. Kammer in der Reihe von Zimmern, welche der
Herr Appellations Rath Dr. Körner mit seiner Familie bewohnt,
15 Rthl. für Holtz und Licht,
20 Rthl. für das Waschen des leinenen u. baumwollenen Zeugs in Conventionsmäsigen
Münzsorten baar bezahlen, und
diese Summe in halbjährigen Ratis, in jeder Leipziger Oster- u. Michael-Messe,
entweder auf erhaltene Anweisung, oder auf andere Art in Leipzig erlegen, sowohl zu Michael
dieses Jahres, so viel von jetzt bis dahin das nunbestimmte Jahrgeld beträgt, damit den
Anfang machen;
6) Die Kosten des Unterrichts
in Sprachen, Musick, Tanz und dergl., werden nach vorgängiger Communication mit
dem Herrn Vormunde besonders Vierteljährig von dem Herrn Appellations Rath Dr. Körner
berechnet, und durch Quittungen der Lehrer belegt.
7) Jedoch hat sich
zuvörderst, wie gedacht, der Herr Appellations-Rath Dr. Körner über die
Wahl des Unterrichts und der Lehrer, mit dem Herrn Vormund besonders zu vereinigen, als
welcher über die Vorschläge, die zu diesem Behuf geschehen werden, entscheidet.
8) Für die Anschaffung der
Kleidung und Wäsche sorgt der Herr Vormund Ploß und bestimmt der Demoiselle
Kuntze ein beliebiges Taschengeld. Sollte jedoch dasselbe nicht allemahl hinreichend seyn,
um vorfallende kleine Ausgaben für Schuhe u. andere kleine Sachen zum Anzuge zu
bestreiten; So wird die Frau Appellationsräthin Dr. Körner, bedürfenden
Falls diese Kosten gefälligst auslegen u. vierteljährig mit berechnen lassen. Wie nun
9) beiderseits Herren
Kontrahenten mit diesem Alimentations-Vertrage nach allen Punkten u. Klauseln wohl einig
und zufrieden gewesen u. alles Verabhandelte bestens acceptiret; So haben sie auch
denselben in zweifachen Exemplarien vollzogen und eigenhändig unterschrieben.
So geschehen Leipzig und
Dreßden, den 30. May 1803.Dr. Christian Gottfried
Körner.
Christoph Heinrich Ploss,
als Vormund.
\1\ Hs. im Körner-Museum in Dresden.
\2\ Es sollte Christian
G. Körner heißen.
Emendation
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