Theophil Zolling (Hrsg.), Heinrich von Kleists sämtliche Werke. Erster Teil.
Gedichte. Familie Schroffenstein. Familie Ghonorez (Berlin, Stuttgart: Spemann [1885])
(Deutsche National-Litteratur, 149. Band), Einleitung, LXXXV-LXXXIX
Henriette Vogel
Übermenschlich hatte er bis jetzt gegen ein unerbittliches Geschick gekämpft. Er konnte
nicht mehr. Und so schritt er zum Selbstmord, den er in seinen Briefen und Schriften so
oft berührt hatte.\2\ Der Gedanke, den
er sein Leben lang wie einen Alp mit sich herumgetragen: <LXXXVI:> mit einer
geliebten Seele freiwillig aus dem Leben zu scheiden, kam endlich zur Ausführung. Pfuel,
Fouqué, Rühle, Marie von Kleist hatte er ein gemeinsames Sterben vergeblich angeboten;
Adam Müller sollte abermals der böse Dämon sein, der ihm den Todesgefährten zuführte.
Müller hatte ihn, ehe er Berlin verließ, mit einer unglücklichen Frau bekannt gemacht, Adolfine
Sophie Henriette Vogel, geborenen Keber, Frau eines trefflichen Mannes, des
Generalrendanten der kurmärkischen Landfeuersocietät und Landschaftsbuchhalters Friedrich
Ludwig Vogel (gest. 7. Sept. 1842), Tochter eines innigstgeliebten Vaters und
Mutter eines reizenden Mädchens. Sie war drei Jahre jünger als Kleist, der anfangs eher
das Gegenteil als Zärtlichkeit für sie gefühlt hatte, und scheint, wenn man dem
überschwenglichen Peguilhen\1\ trauen
darf, eine Zierde ihres Geschlechts gewesen zu sein, sowohl in Ansehung des Geistes als
des Körpers. Dem letzteren fehlte freilich die Fülle der Gesundheit, und ihr
geistreiches Gesicht zeigte Spuren der Pocken. Sie war ein fast wunderbar geniales Wesen,
bei dem man das Fremdartige in seltener Vereinigung fand. Dieselbe Frau, welche abends
durch meisterhaften Vortrag der schwierigsten Kompositionen in Spiel und Gesang ihre
Zuhörer entzückte, fand der nächste Morgen mit Sortieren und Ausbessern der Wäsche
beschäftigt. Sie war die musterhafteste Hausfrau; dabei kleidete sie sich mit Sorgfalt
und Geschmack. Ihre Wißbegierde kannte keine Grenzen. So z. B. bat sie einen Freund
öfter, ihr Unterricht im Drechseln zu geben; selbst Fechten wünschte sie zu lernen, und
Kleist lehrte sie wirklich die Elemente der Taktik und Kriegskunst. Ungeachtet ihres
tiefen Sinnes für Poesie, Musik und Kunst gehörte sie doch nicht zu den gelehrten
Frauen. Sie hat nie für den Druck geschrieben; mehrere kleine, höchst interessante
Aufsätze, welche die Fülle und Eigentümlichkeit ihres Geistes darlegten, sind von ihr
kurz vor ihrem Tode vernichtet worden.\2\
Sie litt an einem unheilbaren körperlichen Übel. Schon manches Jahr hatte sie ihren
Zustand schmerzlich empfunden, und der Genuß völliger Behaglichkeit, wie er ihr in den
letzten Monaten ihres Lebens zuteil geworden, war eine Ausnahme. Noch manche Jahre des
Leidens und der furchtbarste Tod würden ihr bevorgestanden haben.\3\ Deshalb sah sie, nachdem sie die zu weit getriebene Offenheit
eines Arztes von der bis dahin nur geahnten Hoffnungslosigkeit ihres Zustandes
unterrichtet, auch schon seit langer Zeit mit Sehnsucht einem schnellen, schmerzlosen Ende
in Gesellschaft eines lieben <LXXXVII:> Freundes als dem Ziel ihrer Leiden entgegen.
Sie machte öfter Anspielungen auf diesen Wunsch, sowohl gegen ihren Gatten wie gegen
Freunde, und kurz und traurig brach sie das Gespräch ab, sobald sie die
Unempfänglichkeit ihrer Gesellschaft für den angeregten Gedanken gewahrte.
Wahrscheinlich kannte Kleist zu Anfang seiner Bekanntschaft Henriettens Zustand nicht.
Solche Kenntnis würde bei manchem anderen Manne die glühendste Liebe in Freundschaft
umgewandelt haben; seine Leidenschaft aber blieb, nahm einen reineren Charakter an, wie
Peguilhen versichert, und ließ es ihm als Pflicht erscheinen, seine teure Freundin zu
befreien. Eines Tages, als sie ganz besonders schön gesungen, sagte er zu ihr: Das
ist zum Erschießen schön! Sie sah ihn bedeutend an, ohne ein Wort zu erwidern,
aber in einer einsamen Stunde kam sie auf diese Äußerung zurück. Sie fragte ihn, ob er
sich noch des ernsten Wortes erinnere, das sie ihm früher einmal abgenommen habe: ihr
jeden, selbst den größten Freundschaftsdienst zu leisten, um den sie ihn bitten würde.
Seine ritterliche Antwort war, er sei jederzeit dazu bereit. Wohlan, sagte
sie, so töten Sie mich. Meine Leiden machen mir das Leben unerträglich. Zwar ist
es nicht wahrscheinlich, daß Sie es thun, da es keine Männer mehr auf Erden
giebt. Ich werde es thun, unterbrach sie Kleist, ich
bin ein Mann, der Wort hält. Und er hielt Wort.
Das wollüstige Verlangen,
die große Entdeckungsreise anzutreten, wie zwei fröhliche Luftschiffer
sich über die Welt zu erheben, steigerte sich in dem exaltierten Gemüte der beiden
Unglücklichen bis zum Wahnsinn. Das zeigt der geradezu tolle Briefwechsel aus ihren
letzten Tagen. Der Dichter schreibt: Mein Jettchen, mein Herzchen, mein Liebes, mein
Täubchen, mein Leben, mein liebes, süßes Leben, mein Lebenslicht, mein Alles, mein Hab
und Gut, meine Schlösser, Aecker, Wiesen und Weinberge, Sonne meines Lebens, Sonne, Mond
und Sterne, Himmel und Erde, meine Vergangenheit und Zukunft, meine Braut, mein Mädchen,
meine liebe Freundin, mein Innerstes, mein Hertzblut, mein Eingeweide, mein Augenstern, o,
Liebste wie nen ich Dich? Mein Goldkind, meine Perle, mein Edelstein, meine Krone, meine
Königin und Kaiserin, Du lieber Liebling meines Herzens, mein Höchstes und Theuerstes,
mein Alles und Jedes, mein Weib, meine Hochzeit, die Taufe meiner Kinder, mein
Trauerspiel, mein Nachruhm. Ach Du bist mein zweites besseres Ich, meine Tugenden, meine
Verdienste, meine Hoffnung, die Vergebung meiner Sünden, meine Zukunft und Seligkeit, o
Himmelstöchterchen, mein Gotteskind, meine Fürsprecherin und Fürbitterin, mein
Schutzengel, mein Cherubin und Seraph, wie lieb ich Dich! Und Henriette
antwortet in demselben Ton, indem sie Kleists Überschwänglichkeit noch zu überbieten
bestrebt ist: Mein Heinrich, mein Süßtönender, mein Hyazinthen-Beet, mein
Wonnemeer, mein Morgen- und Abendroth, meine Aeolsharfe, mein Thau, mein Friedensbogen,
mein Schoßkindchen u. s. w. ein Briefwechsel, dessen
Beurteilung zum Ressort des Psychiaters gehört. <LXXXVIII:>
Kleists intimste Gedanken,
die Aufschlüsse über das letzte Rätsel seines Lebens, finden wir in seinen Briefen an
seine Cousine Marie v. Kleist. Am 9. Nov. schreibt er ihr: Meine liebste
Marie, mitten in dem Triumphgesang, den meine Seele in diesem Augenblicke des Todes
anstimmt, muß ich noch einmal Deiner gedenken und mich Dir, sogut wie ich kan,
offenbaren: Dir, der Einzigen, an deren Gefühl und Meinung mir etwas gelegen ist; alles
Andere auf Erden, das Ganze und Einzelne, habe ich völlig in meinem Hertzen überwunden.
Ja es ist wahr, ich habe Dich hintergangen, oder vielmehr ich habe mich selbst
hintergangen; wie ich Dir aber tausendmal gesagt habe, daß ich dies nicht überleben
würde, so gebe ich Dir jetzt, indem ich von Dir Abschied nehme, davon den Beweis. Ich
habe Dich während Deiner Anwesenheit in Berlin gegen eine andere Freundin vertauscht;
aber wenn Dich das trösten kan, nicht gegen eine, die mit mir leben, sondern, die im
Gefühl, daß ich ihr eben so wenig treu sein würde, wie Dir, mit mir sterben will. Mehr
Dir zu sagen, läßt mein Verhältniß zu dieser Frau nicht zu. Nur so viel wisse,
daß meine Seele, durch die Berührung mit der ihrigen, zum Tode ganz reif geworden ist;
daß ich die ganze Herrlichkeit des menschlichen Gemüths an dem ihrigen ermessen habe,
und daß ich sterbe, weil mir auf Erden nichts mehr zu lernen und zu erwerben übrig
bleibt.\1\ Der
<LXXXIX:> schimpfliche Bruch mit seiner Familie ist der erste Grund, warum er
sterben will.
\2\ Vgl. seine letzte Arbeit, die
Anekdote: Mord aus Liebe, die übrigens, wie wir hier nachtragen wollen,
wirklich eine freie Übersetzung aus dem Französischen ist. Das Original ist betitelt: Lettre
de Lyon du 31 mai au sujet dun double meurtre entre amant et maitresse und
findet sich im 4. Band des Journal Encyclopédique, Bouillon 1770,
S. 453. Die Übertragung hat Kleist wohl selbst verfaßt.
\1\ Vgl. seinen Nachlaß in Paul Lindau
Über die letzten Lebenstage H. v. Kleists in der
Gegenwart IV, 69, 87, 107, 111.
\2\ Einzelne, einer Freundin
hinterlassene, zum Teil geistvolle Gedanken Henriettens bei Bülow 276. Auch das dort
mitgeteilte Duodram Die Liebe und die Freude aus ihrem Nachlasse scheint sie
verfaßt zu haben. Es wurde gelegentlich bei ihr aufgeführt. Tieck und Bülow schreiben
es Kleist zu. Gewiß mit Unrecht.
\3\ Bülow behauptet, die
unheilbare Krankheit sei Henriette von einem unwissenden Chirurgen eingeredet worden.
Peguilhen bestreitet dies mit aller Bestimmtheit und unter Angabe von Einzelheiten. Auch
die gerichtlichen Akten bestätigen dies.
\1\ Die ablehnende Haltung des
Publikums und der Kritik trägt einen großen Teil der Schuld an Kleists Selbstmord. August
Klingemann und Johannes Falk gehören zu den wenigen, die seine Bedeutung
erkannt und laut gepriesen haben. Letzterer schreibt einige Monate vor Kleists Tod in der
Urania, Taschenbuch für das Jahr 1812, in seinem Artikel über die
pantomimischen Darstellungen der Händel-Schütz (S. XXXII): Hätte dieser
kühne, junge, feurige Genius Heinrich von Kleist, dieser reichbegabte herrliche Kopf
weiter nichts geschrieben, als seinen Zerbrochnen Krug oder sein Käthchen von Heilbronn:
so verdienten, besonders bei der Armuth der Deutschen im dramatischen Fach seine Versuche
Aufmerksamkeit, seine Talente Hochachtung. Wäre dem warmen, edeln, biederherzigen,
geistvollen Gleim ein Genie wie Kleist in den Weg gelaufen: was meint man wohl, wie er es
würde in seinen Arm heraufgejauchzt, hereingejubelt haben! Dagegen, wie verkehrt, wie
kalt, wie wenig fördernd, wie lieblos ist fast Alles, was dieser junge Dichter bis jetzt
über seine Produkte öffentlich erfahren hat! Und doch wie viele Köpfe sind dermalen in
Deutschland noch übrig, die auch nur eine Seite was Seite? die
auch nur eine Periode mit dieser Anmuth, mit dieser Originalität, mit dieser Neuheit, mit
diesem Feuer im Ausdruck, mit dieser zugleich zarten und ungestümen Gluth eines echten
shakespeareschen Pinsels, wie Kleist im Käthchen von Heilbronn zu schreiben im Stande
sind? Mag es sein, daß er in diesem Produkt, wie in allen seinen übrigen, die Grenzen
der Motive überschreitend, zuweilen an das Barocke streift: soll uns denn ein einziger
Fehler des trefflichen Mannes gegen alle übrigen Vorzüge, die er besitzt, blind und der
Mittelmäßigkeit, an der heutzutage fast aller öffentliche Weihrauch wie in
Pfennigsgaben verräuchert wird, hold und geneigt machen? Wahrlich es ist wohl eigen, daß
eine Nation wie die Deutsche, die jetzt so gern politische Ohnmacht und Blöße mit dem
literarischen Ruhm ihrer Klopstocke, Herder, Schiller u. s. w. zudecken möchte,
demungeachtet jeden Augenblick vergißt, daß man große Männer am würdigsten in ihren
Nachkommen ehrt; und wer sind diese denn sonst, als junge Männer von Genie, die sich mit
Muth und Geschick auf die von ihren Vorfahren betretene Bahn wagen? August
Klingemann zeigte fast sämtliche Werke des Dichters in der Zeitung für die elegante
Welt an und kargte niemals mit seinem Lob. Wir tragen hier nach, daß dort am
18. Juni 1807 Amphitryon sehr anerkennend besprochen ist. Alkmene,
heißt es u. a. ist mit außerordentlicher Zartheit vollendet; beim Jupiter
dürfte indes zu rügen sein, daß die strengen Formen des Donnerers sich hin und wieder
zu sehr in Apollinische Weichheit gelöst haben. Höchst lobend verbreitet er sich
1810 (Nr. 235) über den ersten und 1811 (10. Okt.) über den zweiten Teil der
Erzählungen. Auch hier zeigt der Verfasser sein außerordentliches Talent in der
Kunst, die innersten verborgensten Gefühle darzulegen, den Stufengang der Leidenschaften
mit einer ergreifenden tiefwirkenden Kraft abzuschildern und die besonderen Gemüthslagen
so anschaulich zu vergegenwärtigen und so lebendig vor den inneren Sinn hinzuzaubern,
daß der Leser an die Dichtung wie an eine wirkliche Erscheinung zu glauben sich gezwungen
fühlt. Aber diese paar günstigen Urteile verhallen in dem Lärm der kritischen
Kläffer zumal des Stuttgarter Morgenblatts und des Berliner
Freimüthigen. Wir tragen aus ersterem noch die zwei folgenden Anzeigen nach,
die 1810 erschienen. Über das Käthchen von Heilbronn: Bei Lesung der ersten
Blätter dieser Ritter-Tragödie glaubten wir, eine Parodie auf den romantischen
Schnickschnack unserer Zeit zu finden. Bald aber ward es uns gewiß, daß es dem Herrn von
Kleist barer, brennender Ernst sei. Der Stoff möchte noch ergiebig genug sein; die ganze
Anlage aber und besonders der Ausdruck: Nein! etwas Tolleres ist uns seit des im Frieden
entschlafenen Cramers Haspar a Spada nicht wieder vorgekommen. Dagegen freut sich
derselbe Recensent, den Erzählungen ein weit besseres Zeugniß sprechen zu
können. Besonders anziehend war ihm die erste, Michael Kohlhaas, der die Versicherung des
Verfassers und auch dem Anscheine nach aus einer alten Chronik gezogen. Ein so
eigenthümlich geprägter Charakter geht auch nicht aus der Phantasie hervor. Auch die
zweite Novelle, die Markisinn von O***, vereinigt mit dem Sonderbaren der Situation die
Kunst lebhafter und schöner Darstellung. Die dritte [Das Erdbeben in Chili] hat etwas
Empörendes, und ist auch zu skizzenhaft behandelt. Im
Freimüthigen besprach ein Anonymus (C. F. Weißer?) die ersten
Phöbushefte, wobei Kleist jedesmal sehr übel wegkam. Am 5. Febr. 1808 heißt es
dort über Penthesilea: Beweglichkeit ist viel in diesem
Trauerspiele, denn die Helden und Amazonen gehen und kommen fleißig ab und zu;
Handlung? nach dieser soll man ja nicht fragen. Einfach ist sie freilich; denn
sie ist durchaus nichts, als Kampf zwischen den beiden Heeren.
Man schimpft
auf die jetzigen Spektakelstücke und besonders geht es über das Pferdegetrampel, das
jetzt auf den großen Bühnen oft eintritt, her. Aber so toll, wie der Spektakel in diesem
Trauerspiele getrieben wird, dürfte er doch wohl nirgends ausgeführt sein
Ach! du armer Kotzebue, über dessen Theatercoups man so sehr herzieht, hättest du das
gewagt, ausgetrommelt wärest du von jedem Buben geworden!
Von dem Dichter der
Familie Schroffenstein und des Amphitryon, von der ersten Stelle in einer Zeitschrift, die
Goethens Begünstigung sich rühmt, von dem allgemeinen Rufe endlich, der dieser
Penthesilea voranging und dem Aufsehen, das Kleists Freunde von ihr verkündeten, konnte
man und mußte man durchaus etwas Besseres und Vollendeteres erwarten, als in diesen
Fragmenten gegeben worden ist. Am 4. März schreibt derselbe
Anonymus über die Marquise von O
: Ist dies ein Sujet, das in einem
Journal für die Kunst eine Stelle verdient? Doch da der Verfasser der als Muster
aufgestellten Amazonenkönigin und ihres Gefolges für das Schamerröthen der weiblichen
Unschuld die hohe Ehrfurcht nicht zu haben scheint, die wir dafür hegen, so wollen wir
mit ihm deshalb nicht rechten, wenn jene Erzählung nur an und für sich unterhaltend oder
in einem vorzüglichen Stil geschrieben wäre. Beides vermissen wir jedoch ganz. Schon
nach den ersten Seiten erräth man den Schluß des Ganzen, und die Menschen darin benehmen
sich alle so inconsequent, albern, selbst moralisch unmoralisch, daß für keinen
Charakter irgend ein Interesse gewonnen werden kann. Der Stil ist undeutsch, steif,
verschroben und gemein
Daß so etwas in einer Zeitschrift vorkommen, die sich
Goethes besonderen Schutzes, ankündigungsgemäß zu erfreuen hat, so muß entweder der
Herausgeber mit uns scherzen wollen oder dieser oder Goethe. Am
28. März über den Zerbrochnen Krug: Freilich scheint es den
Herausgebern nicht Ernst mit dem Geständniß, daß das Stück den Grund des
Verunglückens in sich selbst trage, und sie scheinen es vielmehr als einen Beweis
aufzustellen, daß auch das gebildetste und geduldigste Publikum manchmal Seitensprünge
mache, aber wir möchten doch wissen, ob die Leser nicht auch Lust bekommen möchten,
mitzupfeifen, wie es die Zuschauer in Weimar thaten. Am 10. Juni
über den Robert Guiskard: Die Schilderung der Pest samt dem Andringen des
Volkes ist weder in Hinsicht der Sprache und des Ausdrucks, noch des Ganges der Handlung
interessant, doch an Regelmäßigkeit und Haltung der Charaktere der Penthesilea weit
vorzuziehen. Am 11. Juni über Das Käthchen von Heilbronn:
Dies muß ein Zug- und Kassenstück werden; denn gleich der erste Akt spielt in
einer unterirdischen Höhle, wo das Vehmgericht haust
Herr von Kleist scheint
sich nun einmal in die Gerichtsscenen besonders einstudiert zu haben
Romantisch ist die Anlage des Ganzen gewiß, wenn man dabei unbegreiflich
versteht. Am 5. Dez. über das Machwerk Kohlhaas:
So langweilig, ist dieser Eingang, so breitgesponnen jeder Faden, daß aus diesem
Gewebe unmöglich etwas anderes, als ein Stück schlechter Waare gewebt werden kann
u. s. w.
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