Helmuth Rogge, Heinrich von Kleists letzte Leiden. Nach unveröffentlichten
Zeugnissen aus dem Nachlaß Julius Eduard Hitzigs, in: JbKG (1922), 31-74; darin: 50f.
Julius Eduard Hitzig an Friedrich de la Motte Fouqué,
25. 11. 1811
Heinrich Kleist hat sich vorgestern, mit einer Frau, der er die Cour gemacht,
erschossen*), erst ihr durchs Herz, dann sich in den Mund. Eine Begebenheit, die
einen gräßlichen Eindruck auf mich gemacht hat. <51:>
... Über Heinrich Kleists
Tod noch folgendes:
Ich habe heut die Briefe
gelesen, die Madame Vogel, so heißt die Miterschossene, u. Kleist an den Vollstrecker
ihres letzt. Willens, meinen Freund, den Kriegs Rath Peguilhen geschrieben. Sie sind in
einem scherzhaften Tone geschrieben. Der ihrige fängt an:
Wir nehmen Ihre
Freundschaft in sonderbaren Anspruch. Wir befinden uns bei Stimming in einer
unbehülflichen Lage nämlich erschossen u. bitten Sie, unserer zerbrechliche
Hülle die feste Burg der Erde zu verschaffen etc.
Der Aufschluß über die
That ist, daß sie an einer unheilbaren, eckelhaften Krankheit, carcinoma uteri, litt, die
ihr das Leben unerträglich machte, er sie aber so liebte, daß er ohne sie nicht
weiterleben mochte. Friede der Asche des unglücklichen, geist- und gemüthreichen Mannes!
*) bey Stimming im neuen Krug auf der nehmlichen Stelle, wo wir so froh waren
H: verschollen (1923: MMB).
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