Arno Barnert
in Zusammenarbeit mit Roland Reuß und Peter Staengle, Polizei
Theater Zensur. Quellen zu Heinrich
von Kleists Berliner Abendblättern, in: BKB
11 (1997), 29-353; darin: 323f.
Prittwitz an Karl August v. Hardenberg, Berlin,
30. 12. 1810
<45r>
Hochgebohrener
Freyherr,
Höchstzuverehrender
Herr StaatsCanzler,
der Schwager meines Bruders G. v Blankensee
gehört unter denen iungen Leuten, die in Folge des
Auftritts im Schauspielhause aus Berlin verwie-
sen worden sind! Da sein Vater in Cammin,
mein Bruder in Schlesien ist, so habe ich der Allerhöchsten
Verfügung nicht angemeßner entsprechen zu können geglaubt,
als daß ich ihn, bis zur weitern Entscheidung seines
Vaters, unverzüglich nach Quilitz geschikt,
wohin er auch schon seit einigen Tagen abgereißt ist!
Die Bestimmung dieses iungen Menschen in Berlin
war nach der Absicht seines Vaters, doppelter Art,
er sollte theils eine Anstellung beÿm Departe-
<324:> ment der auswärtigen
Affairen nachsuchen, theils durch Benutzung
der Collegia der hiesigen Universität, seine in Koenigsberg
angefangenen Studien vollenden und da seine Anstellung
nicht sogleich statt finden konte, so war zeither
die Frequentirung mehrerer Collegia seine
einzige Bestimmung!
Seinem bangen Vater wird gewiß, außer dem schmerzlichen
des Vorfalls selbst, die Unterbrechung seiner Studien
am Wehesten thun,
<45v>
entschuldigen Ew. Excellenz daher gnädigst wenn ich
als Stellvertreter seines Vaters den ehrfurchtsvollen
Wunsch wage, daß sein Exil Quilitz
abgekürtzt werde und er die Erlaubniß erhalten mögte,
gegen Verpfändung seines Ehrenworts in einer bestimmten
Zeit das Schauspiel nicht zu besuchen, seine Studien
hier in Berlin fortzuführen!
Nach seinem Ehrgefühl hat er die größte Strafe durch
Ausspruch und Vollziehung der Verweisung schon erhalten
und ich bin versichert daß diese Erfahrung ihn von
ähnlichen Schritten für immer abhalten wird.
Mit
dem tiefsten Respect verharre ich
Berlin
d 30tn Xbre
1810
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prs:30.Dec:10
No 957.G
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Ew Excellenz
ganz ergebenst
Prittwitz
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H: GStA-PK,
Sign.: HA I, Rep. 74, J, XI, Nr. 1, Bl. 45
Hardenbergs Antwort >> 14.
1. 1811
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