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Arno Barnert in Zusammenarbeit mit Roland Reuß und Peter Staengle, Polizei – Theater – Zensur. Quellen zu Heinrich von Kleists „Berliner Abendblättern“, in: BKB 11 (1997), 29-353; darin: 272f.

Johann August Sack an Friedrich Wilhelm III., Berlin, 28. 11. 1810

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Als am 21ten d. M. auf dem hiesigen Nationaltheater die Operette die SchweitzerFamilie zuerst gegeben wurde, fand dieselbe ungezweifelten Beifall. Man hatte dies nicht erwartet, da schon vorher das Gerücht von einer gegen dies Stück vorhandenen Cabale, und daß dieselbe namentlich gegen die Schauspielerin Herbst gerichtet sei, umgelaufen war. Nur nach Beendigung des Stücks, als die p Herbst herausgerufen wurde, ließ sich einzeln Pochen hören, und einer der Pocher, ein Schüler des Berlinschen Gÿmnasiums, der Sohn des Obristen von Thümen, der sich ausgezeichnet hatte, ward von dem dadurch aufgebrachten Publikum mit harten Vorwürfen und Schimpfreden verfolgt. Teils um ihn diesen zu entziehen, teils weil auch die Polizeÿ-Offizianten ihn bemerckt hatten, ward er von ihnen bei dem Herausgehen angehalten. Dies hatte eine Scene zwischen dem gedachten von Thümen und dem Polizeÿ-Inspector Holthoff zur Folge, in welcher der letztere, der sonst sein Lehrer am Gÿmnasium gewesen und den von Thümen noch als Schüler ansah und behandelte, allerdings seine Befugnisse überschritten und bis zu beleidigenden Aeußerungen gegen denselben sich vergeßen hat.
Am 26ten   hujus sollte dasselbe Stück zum zweitenmal gegeben werden. An diesem Tage aber ward schon vor dem Anfang deßelben, deutlich in mehrern Haufen junger Männer, die auf den Logen und im Parterre vertheilt waren, die Absicht bemerckt, die Aufführung durch einen Tumult zu stören. Das letztere geschah auch dergestalt, daß mit der <273:> Vorstellung nicht fortgefahren werden konnte, sondern andere Stücke gegeben werden mußten. Die Theilnehmer des Tumults sind teils Militair- teils Civil-Personen gewesen; vornehmlich aber gehören sie zur erstern Classe. Bis jezt sind, als Haupttheilnehmer, wovon sich mehre-
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re sehr ungeziemend betragen und über die Polizeÿ ausgelaßen haben, der Major von Moellendorff, der Rittmeister Graf von Herzberg, die beiden Rittmeister von Werder sen: et jun:, der Geheime  Calculator Reissert, der Student Prinz von Carolath-Schoenaig,der Lieutenant Neuhaus u.s.w. bekannt.
Ew: Königlichen Majestät ist es ohne Zweifel erinnerlich, daß schon vor dem Kriege eine Parthei junger unruhiger Männer von rohen Sitten sich in den Besitz gesetzt hatte, das TheaterPublikum von Zeit zu Zeit zu beunruhigen; aus mehrern Gründen ist es wahrscheinlich, daß eine ähnliche Parthei dies Unwesen erneuern will. Darum wäre es sehr zu wünschen gewesen, daß der Unordnung jetzt gleich durch den Commandanten, der zugegen war, und dem davon schon vorher Anzeige geschehen, zur Stelle Abhülfe geschaft wäre. Da dieses aber nicht geschehen ist, so werden Ew: Königliche Majestät es gewiß ^um so mehr^ billigen, daß sogleich bei diesem ersten Vorfall die Sache ohne weitre Rücksicht strenge genommen, und eine genaue Untersuchung der Sache veranstaltet werde, um die etwanigen Unternehmungen der Tumultuanten zu zügeln.
Ich habe daher:
1., was den ersten Vorfall am 21ten   hujus betrift, diesen sofort dadurch abgemacht, daß ich den Polizeÿ-Inspector Holthoff in 25 Rth. Ordnungsstrafe genommen, ihm für die Zukunft eine sehr ernstliche Verwarnung machen laßen, und sogleich angeordnet habe, daß derselbe dem von ihm beleidigten jungen von Thümen in Gegenwart deßen Vaters und des Polizeÿ-Präsidenten Gruner Abbitte leiste, und
2., in Absicht des letzten Vorfalls vom 26ten d. M. habe ich den GeneralFeldMarschall Grafen von Kalckreuth ersucht zur Constituirung einer gemischten Militair- und Civil
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Commission Behufs der nähern Untersuchung der Sache, wozu ich meiner Seits den Stadtgerichts-Director von Schlechtendahl deputiren wollte, einen Staabs-Offizier, als Commissarius zu ernennen.
Wenn Ew: Königliche Majestät jene Maaßregeln und diese Einleitung der Sache zu genehmigen geruhen, so behalte ich mir vor, Höchstdenenselben nach geendigter Untersuchung meine weitern Anträge allerunterthänigst vorzutragen.
Berlin, den 28ten   November 1810.
Sack

An des Königs Majestät.

H: GStA-PK, Sign.: HA I, Rep. 74, J, XI, Nr. 1, Bl. 1-2

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Letzte Aktualisierung 22-Jan-2003
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